Samstag, 6. Oktober 2018

Geschäftsreise nach Südbrasilien

Ich habe keinen Laberblog mehr, daher möchte ich hier ein bisschen über meine Geschäftsreise nach Südbrasilien schreiben. Es passt auch einigermaßen, da ich dort viel gezeichnet habe.Ich bin natürlich nicht zum Zeichnen hin, aber der Tag hat 24 Stunden, davon schläft man 7-9 stück, arbeitet nach Plan 7.5 Stunden und hat den Rest der Zeit übrig. In der Realität arbeitet man dann allerdings deutlich länger als 7.5 Stunden, aber das kommt immer auf die Leute an, die auf Geschäftsreise sind. Wir sind da eher die Workaholics.

Sinn der Reise ist ein Wirtschaftspartnerschaftenprojekt und der Aufbau eines Business in Südbrasilien mit Schwerpunkt Hygiene in der landwirtschaftlichen Tierhaltung. Ich bin da hin als Chemiker, Mikrobiologe und "Jemand, der auch ein klein wenig von Veterinärmedizin versteht".

Das Wetter: Ich bin mal wieder im Winter hin geflogen, also Ende September/Anfang Oktober. Und es hat geregnet, geregnet und mehr geregnet. Felder waren überschwemmt, die Straße war rutschig, das Licht zum Fotografieren eigentlich ungeeignet. Temperatur von 18 - 22 °C. Die wenigen Tage mit Sonne am Wochenende war es bis 26 °C, hat über den Tag aber auch sehr geschwankt und zwischendurch geregnet.

Der Ort: Das Bundesland Rio Grande do Sul ist das südlichste Bundesland Brasiliens. Hier sind die kältesten Temperaturen, es gibt viele Felder, etwas Wald, wenige hügelige Berge und die Landschaft nennt sich offiziell "Pampa", das ist kein Witz. Viele Einwohner sind Nachfahren von aus Europa eingewanderten Menschen, davon sehr viele aus dem Hunsrück vor dem ersten Weltkrieg aus wirtschaftlichen Gründen. Deswegen sprechen auch relativ viele Leute hunsrückisch. Es gibt sogar ein  paar Landwirte, die heute immer noch kein portugiesisch können, weil sie das nicht brauchen. Die Hauptstadt Porto Alegre behinhaltet viele optisch unterschiedliche Viertel, oft merkt man auch, dass die Leute sich nach Schichten ordnen. Es gibt viele Zäune und Wachmenschen. In manchen Vierteln magst du nach 20 Uhr nicht vor die Tür, in anderen kannst du auch um 24 Uhr noch stockbesoffen durch die Gegend torkeln.

Die Pflanzen. Ich bin total verliebt in die Pflanzenwelt! Die Bäume sind höher und knorriger und es gibt extrem viele verschiedene "auf Baum Pflanzen", welche quasi jeden Baum zahlreich besiedeln.

Foto 1: eine gut bebaumte Straße in Porto Alegre. Die Stämme sind voller Auf-Baum-Pflanzen
Foto 2: Man findet jeden Baustil in Porto Alegre. Sogar mein Traumhaus: ein schmales Hexenhäuschen. 

Foto 3: Orchideen, die wachsen da einfach so in großen pinken Büscheln auf Bäumen.
Foto 4: Orchideen in Aktion. In einer anderen Ortschaft fanden sich die Orchideen in großer Stückzahl an nahezu jedem Baum, weil die Leute das so schön finden und die einfach verteilen. Eine Blumen umgesetzt vermehrt diese sich schnell zu einem ganzen Busch. 

Pflanzentechnisch bedeutet das natürlich auch, dass es dort andere Obstbäume gibt. Üblicherweise gab es überall Papaya, diverse Melonensorten, Marakuya, Bananen und Zitrusfrüchte als Standardobst zum Frühstück und als Mittagessen. Die überall herumstehenden Obstbauern verkauften auch dieses Obst. Apfel war eher eine Seltenheit.

Und die Straßen? Die meisten Straßen sind geteert, das ist schonmal gut. Nur wenige Straßen waren Matschwege. Es war trotzdem sinnvoll, einen Duster zu nehmen und keinen schnittigen Autobahnflitzer, denn den Duster hatten wir in diversen Situationen gebraucht. Das schnittige Autobahnflitzerchen hätte ich am ersten Tag schon zerstört gehabt. 

Foto 5: Eine ganz normale zerregnete Straße. Von wegen der A und die Dr. K machen nur sonnigen Palmenurlaub und saufen die ganze Zeit Caipirinha! (Ja, sowas dürfen wir uns anhören)
Foto 6: Mehr Wasser, mehr Müll. Am Busbahnhof Porto Alegre, einem sehr schlimmen Viertel. Rumliegender Müll hielt sich stark in Grenzen (weniger rumliegender Müll als in DE!), aber in schlimmen Vierteln sah man dann doch schon Chaos.

Der Straßenbelag ist einer der billigsten Teersorten, die man bekommen kann, was dazu führt, dass sofort schlimme Schlaglöcher entstehen, wenn etwas Wasser auf der Straße ist und die LKWs rüberfahren. Entsprechend viele Schlaglöcher waren vorhanden, teilweise so tief, dass auf der anderen Seite des Schlagloches ein Japaner zu sehen war, der gewunken hat. Auch der Grip ist auf der Teersorte schlecht und man gerät bei Nässe schnell ins Rutschen. Oft sah ich LKWs, die abseits der Fahrbahn gelegen haben. Aber man hilft sich gegenseitig, immer standen bereits andere Leute da, um ihm zu helfen und ggf. zu verarzten. Auch Aquaplaning habe ich quasi in schärfster Autofahrfortbildung erfahren, das hatte ich in Deutschland so noch nie. Es reißt einem einfach das Lenkrad weg. 
Das Problem bei all den Schlaglöchern und starken Verwerfungen des Teers ist, dass es einem schnell die Achse der Räder bricht und es keinen ADAC gibt, der schnell da ist. Man muss dann schnell genug durch die Löcher fahren, wenn es so viele sind, dass man sie nicht umfahren kann, aber nicht zu schnell, dass die Achse bricht. Beim Ausweichen muss man sich früh genug vergewissern, nicht in den Gegenverkehr auszuweichen und einen Frontalstoß zu produzieren. Ich bin die meiste Zeit selbst gefahren und habe sehr viel Autofahrübung dadurch erfahren, auch mit Situationen, die man in Deutschland so nicht erlebt. Und mit Situationen, die man so hier zwar nicht macht, aber wenn man erst mal gelernt hat, dass es so geht, lernt man Gelassenheit. Etwas, das mir oft sehr fehlt. 


Das reicht erst einmal für heute. Zum Abschluss noch etwas Gezeichnetes und etwas zu Bier in Bars.


Foto 7: Eine Bar in Torres. Hier kann man mit einem Tablet sein Trinken und seine Snacks bestellen. Sowas kenne ich aus einem sehr guten Sushirestaurant in Bremerhaven. Witzige Spielerei. Biertechnisch ist diese Bar aber gut ausgestattet, es gibt mehrere Sorten IPA, mehrere Sorten Pils etc...
Bild 8: Meine Zeichnung von vor Ort nochmal in anständigem Licht

Craft Bier ist in Rio Grande do Sul ein großes Thema mit hoher Akzeptanz. Alleine Porto Alegre hat um die 50 Craft Bier Brauereien. Es gehört zum guten Ton, ein anständiges Bier zu den typischen Standards im Angebot zu haben, das auch gerne etwas mehr kosten darf. Als passionierte IPA-Fans sind mein Kollege und ich da natürlich oft und gerne hin gegangen. 
Nur am Sonntag nicht... denn sonntags ist in Brasilien tote Hose. Nahezu alles hat zu, auch die Gastronomie. Aber alle anderen Tage geht die Post ab.



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