Die meisten Kristalle, die ich finde, sehen so aus, wie Obelisken aus Ägypten:
Es reicht, um zu erkennen, dass der Künstler des Bildes einen Kristall darstellen wollte. Dies hat er jedoch leider nicht wirklich getan, da diese Kristallform gegen die Physik verstößt. Kristalle sind hochsymmetrische Gebilde, dichteste Packungen von Teilchen, die einfach bis sehr kompliziert sein können. Möchte jemand die Schönheit dieser besonders hohen Form von Ordnung darstellen, sollte er sich vielleicht etwas mehr dafür interessieren, was das eigentlich ist.
Kristalle bestehen aus Molekülen der gleichen Sorte oder aus einem Ionenpaar. Dabei sind Moleküle allesamt gleichgroß, während Ionen auch verschieden groß sein können. In Bild 4 sind Ionen gezeigt. Das kleine Ion ist dreifach geladen und wird von 3 großen Ionen mit je einer Ladung umgeben. Das führt natürlich zu einer etwas komplizierteren Anordnung. Hat man jetzt Teilchen der gleichen Größe mit gleicher oder keiner Ladung, ist es einfacher. Dann gibt es nur zwei Haupttypen der Anordnung. In Bild 1 ist die kubische Anordnung gezeigt. So legt Mama ihre Plätzchen auf das Blech, immer schön quadratisch. Natriumchlorid ist so angeordnet, aber auch elementares Kupfer. Daraus ergeben sich dann Würfel, wenn man diese Form in die dritte Dimension stapelt, gezeigt in Bild 2 (rosa = Natrium, grün = Chlorid). Die kubische Anordnung erzeugt allerdings relativ große Lücken zwischen den Kugeln. Möchte man diese Lücken verkleinern, muss man sie gestaffelt anordnen, so wie in Bild 3 gezeigt. Die Anordnung ist quasi "ABAB...", während sie bei kubisch immer "AAAA..." ist. Die Anordnung in Bild 3 nennt man hexagonal, da sie der Form eines Sechsecks folgt. Elementares Magnesium als Metall ist so angeordnet, aber auch viele Mineralien wie SiO2 (Bergkristall, Amethyst), Beryll (Smaragd) oder aber auch Eis (festes Wasser).
Das führt uns zu einem kleinen abschweifenden Kapitel: Die Schneeflocke.
Schneeflocken werden gerne mit acht Zacken gezeichnet, so wie in der oberen Abbildung. Der Grund hierfür liegt darin, dass es einfacher ist, ein Kreuz im rechten Winkel zu zeichnen und ein um 45° verdrehtes dazu. Das macht es aber nicht richtig. Wir wissen jetzt, dass Wasser hexagonal kristallisiert, müssen also irgendwie das Sechseck in die Form bringen. Die richtige Anordnung der Schneeflocke ist im unteren Bild gezeigt, wo die Schneeflocke nur 6 Zacken hat und damit das gesuchte Sechseck beschreibt. Das ist schwieriger zu zeichnen, entspricht aber der Wahrheit.
Wie macht man das jetzt mit dem Kristalle zeichnen? Wie sieht so ein Kristall letztendlich aus? Das lässt sich natürlich in einschlägiger Literatur nachlesen und lernen.
Dieses Kristallographiebuch zum Beispiel erklärt sehr ausführlich, wie die Kristallform zustande kommt und aufgrund welcher Molekülformen welche Kristallformen entstehen. Bei einem Blick auf die Kristalle (in den Tabellen rechts) sieht man schon, dass die Kristallflächen deutlich ausführlicher ausgestaltet sind, als in der obigen Zeichnung, die ich so sehr kritisiere. Es gibt keine Molekülform und kein Ionenpaar, das die Kristallform des kritisierten Kristalls zulassen würde. Das ist rechnerisch nicht möglich. Die Form muss von Menschenhand modelliert oder durch Abschleifen erzeugt werden.
Man muss sich aber keine Fachliteratur zulegen, um anständige Kristalle aufs Blatt zu bekommen.
Es reichen Bücher der Mineralogie, die verschiedene Mineralien in gutem Zustand abbilden. Das Internet kann dabei auch hilfreich sein, man darf nur keinen computeranimierten Kristallen auf den Leim gehen. Esotherische Kristalle eignen sich auch nicht, da die Kristallflächen nicht immer schick in der Natur gefunden werden und für die Esotheriker dann mit Schleifmaschinen aufgehübscht werden. Das hat zufolge, dass die Winkel falsch werden.
Anhand der Vorlagen kann man die Kristallformen dann nachempfinden.
Kristalle leben vor allem von ihren Kanten. Das beißt sich leider mit der Darstellung von Comic und Manga, in denen Kanten mit schwarzen Linien definiert werden. Ein Tipp: Die Linien in der Farbe des Kristalls machen.
Hier mit grauen Linien für Bergkristall und roten Linien für den roten Kristall in der Mitte.
Abzeichnen schön und gut, aber wenn man den Kristall in eine neue Umgebung setzen will? Die Kristalle zurecht drehen und auf das neue Motiv setzen.
Ein bisschen Deckweißeinsatz lohnt sich meistens. Am Kristallrücken des Drachens zeigt sich, dass die Abwechselung, die der hexagonale Kristall an Vorlage von Bergkristall automatisch mehr Abwechselung ins Bild bringt, als die fiktive Kristallform, die ich kritisiere. Es zeigt außerdem, dass die Kristalle eine wichtige Aufgabe im Bild erfüllen und ich viel Wert darauf lege, wie sie aussehen. Auch wenn sie nach meiner jetzigen Meinung etwas flach aussehen durch mangelnden Kontrast der Schattenbereiche. Diese Zeichnung liegt zum derzeitigen Zeitpunkt allerdings auch 6 Jahre zurück.
Wenn du also künftig Referenzen für deine Kristalle heranziehst, kannst du nur gewinnen. Probiere es aus ;)
NaCl, sowie Cu sind doch kubisch flächenzentriert, dein Bild 2 ist aber kubisch primitiv o.o (oder keine vollständige Elementarzelle vom NaCl)
AntwortenLöschenWenn man beim fcc auf eine Ecke drauf guckt, sieht man auch schon die verschieden geschichtete Strukur ABCABCABC... das ist also damit schon die dichteste Packung. :) Sc ist dagegen weniger Dicht gepackt, das stimmt.
Sonst aber sehr gut! Referenzen beim Kristallezeichnen muss eigentlich sein, sonst sieht das immer nach nix aus. :D