Samstag, 22. November 2014

Kristall Zeichentipps

Was mir immer wieder auffällt, sind Kristalle im Löwenanteil der Bilder, die ich so betrachte, die falsch gezeichnet sind. Wie kann man einen Kristall falsch zeichnen? Warum will man ihn richtig zeichnen? Und wo besteht das Potential, ihn richtig zu zeichnen? All dies soll hiermit beantwortet werden.

Die meisten Kristalle, die ich finde, sehen so aus, wie Obelisken aus Ägypten:

 photo Kristallkurs1_zpsc1b6bb05.jpg

Es reicht, um zu erkennen, dass der Künstler des Bildes einen Kristall darstellen wollte. Dies hat er jedoch leider nicht wirklich getan, da diese Kristallform gegen die Physik verstößt. Kristalle sind hochsymmetrische Gebilde, dichteste Packungen von Teilchen, die einfach bis sehr kompliziert sein können. Möchte jemand die Schönheit dieser besonders hohen Form von Ordnung darstellen, sollte er sich vielleicht etwas mehr dafür interessieren, was das eigentlich ist.




 photo kristallbild2_zps9a3baeb8.jpg

Kristalle bestehen aus Molekülen der gleichen Sorte oder aus einem Ionenpaar. Dabei sind Moleküle allesamt gleichgroß, während Ionen auch verschieden groß sein können. In Bild 4 sind Ionen gezeigt. Das kleine Ion ist dreifach geladen und wird von 3 großen Ionen mit je einer Ladung umgeben. Das führt natürlich zu einer etwas komplizierteren Anordnung. Hat man jetzt Teilchen der gleichen Größe mit gleicher oder keiner Ladung, ist es einfacher. Dann gibt es nur zwei Haupttypen der Anordnung. In Bild 1 ist die kubische Anordnung gezeigt. So legt Mama ihre Plätzchen auf das Blech, immer schön quadratisch. Natriumchlorid ist so angeordnet, aber auch elementares Kupfer. Daraus ergeben sich dann Würfel, wenn man diese Form in die dritte Dimension stapelt, gezeigt in Bild 2 (rosa = Natrium, grün = Chlorid). Die kubische Anordnung erzeugt allerdings relativ große Lücken zwischen den Kugeln. Möchte man diese Lücken verkleinern, muss man sie gestaffelt anordnen, so wie in Bild 3 gezeigt. Die Anordnung ist quasi "ABAB...", während sie bei kubisch immer "AAAA..." ist. Die Anordnung in Bild 3 nennt man hexagonal, da sie der Form eines Sechsecks folgt. Elementares Magnesium als Metall ist so angeordnet, aber auch viele Mineralien wie SiO2 (Bergkristall, Amethyst), Beryll (Smaragd) oder aber auch Eis (festes Wasser).

Das führt uns zu einem kleinen abschweifenden Kapitel: Die Schneeflocke.

 photo Kristallkurs2_zps5ad26276.jpg

Schneeflocken werden gerne mit acht Zacken gezeichnet, so wie in der oberen Abbildung. Der Grund hierfür liegt darin, dass es einfacher ist, ein Kreuz im rechten Winkel zu zeichnen und ein um 45° verdrehtes dazu. Das macht es aber nicht richtig. Wir wissen jetzt, dass Wasser hexagonal kristallisiert, müssen also irgendwie das Sechseck in die Form bringen. Die richtige Anordnung der Schneeflocke ist im unteren Bild gezeigt, wo die Schneeflocke nur 6 Zacken hat und damit das gesuchte Sechseck beschreibt. Das ist schwieriger zu zeichnen, entspricht aber der Wahrheit.


Wie macht man das jetzt mit dem Kristalle zeichnen? Wie sieht so ein Kristall letztendlich aus? Das lässt sich natürlich in einschlägiger Literatur nachlesen und lernen.

 photo Kristallkurs5_zps0595507c.jpg

Dieses Kristallographiebuch zum Beispiel erklärt sehr ausführlich, wie die Kristallform zustande kommt und aufgrund welcher Molekülformen welche Kristallformen entstehen. Bei einem Blick auf die Kristalle (in den Tabellen rechts) sieht man schon, dass die Kristallflächen deutlich ausführlicher ausgestaltet sind, als in der obigen Zeichnung, die ich so sehr kritisiere. Es gibt keine Molekülform und kein Ionenpaar, das die Kristallform des kritisierten Kristalls zulassen würde. Das ist rechnerisch nicht möglich. Die Form muss von Menschenhand modelliert oder durch Abschleifen erzeugt werden.

Man muss sich aber keine Fachliteratur zulegen, um anständige Kristalle aufs Blatt zu bekommen.

 photo Kristallkurs4_zpsb5fa3db7.jpg

Es reichen Bücher der Mineralogie, die verschiedene Mineralien in gutem Zustand abbilden. Das Internet kann dabei auch hilfreich sein, man darf nur keinen computeranimierten Kristallen auf den Leim gehen. Esotherische Kristalle eignen sich auch nicht, da die Kristallflächen nicht immer schick in der Natur gefunden werden und für die Esotheriker dann mit Schleifmaschinen aufgehübscht werden. Das hat zufolge, dass die Winkel falsch werden.

   photo sio2_zpsf88bf449.jpg

Anhand der Vorlagen kann man die Kristallformen dann nachempfinden.

Kristalle leben vor allem von ihren Kanten. Das beißt sich leider mit der Darstellung von Comic und Manga, in denen Kanten mit schwarzen Linien definiert werden. Ein Tipp: Die Linien in der Farbe des Kristalls machen.

 photo kristallanfang_zps33aca06c.jpg

Hier mit grauen Linien für Bergkristall und roten Linien für den roten Kristall in der Mitte.


 photo majorkoryu-869-K38_zps6afd4fef.jpg


In der Fotografie leider nicht all zu gut erkennbar, aber bei diesem grünen Kristall sind die Linien dunkelgrün gehalten, damit sie später in den grünen Schattenbereichen verschwinden.

 photo Uranate_zps2efc49ab.jpg


Abzeichnen schön und gut, aber wenn man den Kristall in eine neue Umgebung setzen will? Die Kristalle zurecht drehen und auf das neue Motiv setzen.

 photo Kristallkurs6_zps1698b040.jpg


 photo Kristallkurs7_zps61156c2e.jpg

Ein bisschen Deckweißeinsatz lohnt sich meistens. Am Kristallrücken des Drachens zeigt sich, dass die Abwechselung, die der hexagonale Kristall an Vorlage von Bergkristall automatisch mehr Abwechselung ins Bild bringt, als die fiktive Kristallform, die ich kritisiere. Es zeigt außerdem, dass die Kristalle eine wichtige Aufgabe im Bild erfüllen und ich viel Wert darauf lege, wie sie aussehen. Auch wenn sie nach meiner jetzigen Meinung etwas flach aussehen durch mangelnden Kontrast der Schattenbereiche. Diese Zeichnung liegt zum derzeitigen Zeitpunkt allerdings auch 6 Jahre zurück. 


Wenn du also künftig Referenzen für deine Kristalle heranziehst, kannst du nur gewinnen. Probiere es aus ;)

1 Kommentar:

  1. NaCl, sowie Cu sind doch kubisch flächenzentriert, dein Bild 2 ist aber kubisch primitiv o.o (oder keine vollständige Elementarzelle vom NaCl)
    Wenn man beim fcc auf eine Ecke drauf guckt, sieht man auch schon die verschieden geschichtete Strukur ABCABCABC... das ist also damit schon die dichteste Packung. :) Sc ist dagegen weniger Dicht gepackt, das stimmt.

    Sonst aber sehr gut! Referenzen beim Kristallezeichnen muss eigentlich sein, sonst sieht das immer nach nix aus. :D

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